Der katalanische Experte für Biomechanik und Haltungstraining hinterfragt einen der beliebtesten Übungen im Fitnessstudio und warnt vor den möglichen Folgen
12.08.2025 – 16:16 | Aktualisiert: 12.08.2025 – 16:16
Viele Jahrzehnte lang galten klassische Crunches als das Nonplusultra für einen flachen Bauch. Doch der katalanische Biomechanik-Spezialist und Hypopressiv-Experte Piti Pinsanch stellt dieses Dogma auf den Kopf: Klassische Sit-ups sorgen laut ihm nicht für einen flachen, sondern für einen eher hervorstehenden Bauch – und auf Dauer könnten sie sogar das Beckenbodengewebe und die Prostata belasten. Sein Ansatz: Nicht der Waschbrettbauch sollte das Ziel sein, sondern eine funktionale Bauchmuskulatur und ein gesunder Zwerchfellmuskel.
Warum klassische Crunches Ihrem Bauchgewebe schaden können
Wie Pinsanch erklärt, besteht unsere Bauchmuskulatur zu etwa 70 % aus Bindegewebe. Dieses braucht vor allem sanfte Spannung und Dehnung – nicht immer wiederkehrende Verkürzungen. Bei jedem traditionellen Crunch „zerknittern“ Sie Ihre Bauchwand, wodurch sie mit der Zeit nachgiebiger wird. Das kann den Bauch langfristig sogar mehr hervorstehen lassen, weil das Gewebe weniger Halt bietet. Und: Durch den erhöhten Druck auf die inneren Organe kann das vor allem bei Männern auch die Prostata negativ beeinflussen.
Besser: Übungen, die nach innen wirken
„Crunches lassen den Bauch wachsen“, macht Pinsanch klar. Er empfiehlt stattdessen Übungen, die die Muskulatur automatisch nach innen ziehen lassen, wie zum Beispiel hypopressive Gymnastik. Damit stärken Sie das natürliche Stütz- und Kompressionssystem der Körpermitte. Ein angenehmer Nebeneffekt: Der Beckenboden wird mittrainiert – das senkt das Risiko für Prostataprobleme bei Männern und postnatale Beschwerden bei Frauen.
Biomechanik im Zentrum: Runter mit dem Druck!
- Bei jedem traditionellen Sit-up steigt der Druck im Bauch nach außen und unten
- Das belastet den Beckenboden – bei Männern droht die Prostata zu leiden, bei Frauen können Senkungsprobleme sowie Blasenschwäche begünstigt werden
- Hypopressive Techniken verteilen den Druck optimal und verhindern so Überlastungen
Inzwischen nutzen in Deutschland – von Hamburg bis München – immer mehr Physiotherapeuten und Fitnesstrainer diese Techniken. Und das weltweit, in über 50 Ländern.
Das Zwerchfell: Ihr Muskel für mehr Wohlbefinden
Pinsanch betont gern, dass das Zwerchfell unser „Glücksmuskel“ ist. Wenn es verhärtet, verringert sich nicht nur das Lungenvolumen, sondern auch das emotionale Wohlbefinden kann leiden – vor allem, weil Stressreaktionen schlechter reguliert werden können. Mit gezielten Übungen für Atemkontrolle, Haltung und Faszienspannung bleibt dieses wichtige Muskel gezielt trainiert.
Wie Sie’s im Alltag integrieren
- Hypopressive Übungen – zum Beispiel im Sitzen, Stehen oder Liegen
- Dehnungen, die die gesamte hintere Muskelkette einbeziehen
- Körperwahrnehmung-Training für den Beckenboden
- Kurze, tägliche Routinen statt Marathon-Sessions
Mein Tipp als Redakteur mit über zehn Jahren Erfahrung: Probieren Sie diese Ansätze aus – Sie werden das Bauchgefühl und Ihr Körperbewusstsein mit ganz neuen Augen sehen.
Am Ende ist es nicht entscheidend, möglichst viele Crunches zu schaffen, sondern intelligent und nachhaltig zu trainieren, damit unser Körper uns ein Leben lang gesund trägt.