
Ich habe mit mehreren Nagelstudios gesprochen, die seit Monaten dasselbe erleben: Klassischer Nagellack verschwindet zunehmend aus der deutschen Salonlandschaft.
Ehrlich gesagt kann ich mich kaum erinnern, wann ich das letzte Mal keine Gelmodellage, Shellac oder zumindest Gellack auf meinen Nägeln hatte. Der regelmäßige Besuch im Studio ist für viele mittlerweile ein fixer – und durchaus spürbarer – Posten im Monatsbudget geworden. Das klassische Nagellackfläschchen kommt fast nur noch dann zum Einsatz, wenn meine Tochter darum bittet, dass ich ihr die Nägel lackiere.
Ich weiß, dass ich damit nicht allein bin. Die Vorteile von modernen Optionen wie Gellack liegen auf der Hand – besonders, wenn Sie nicht die Geduld oder das Talent haben, selbst zu lackieren. Natürlich gibt es auch Nachteile, dazu später mehr.
Im Kölner Studio „Nail Boutique“, wo ich selbst Stammkundin bin – tatsächlich schon fast zehn Jahre, mit ein paar kleinen Ausnahmen während Sparphasen – wird mittlerweile gar kein klassischer Nagellack mehr angeboten.
„Die Nachfrage nach klassischem Nagellack ist so gering, dass die Fläschchen meist eintrocknen, bevor wir sie verwenden können“, erklärt Inhaberin und Geschäftsführerin Sandra Müller.
„Wer unbedingt klassischen Lack möchte, darf aber gerne ein eigenes Produkt mitbringen – wir tragen es dann auf“, ergänzt sie.
Müller sieht den Grund vor allem im hohen Preis-Leistungs-Verhältnis: „Für viele fühlt sich eine Maniküre mit herkömmlichem Lack schlicht nicht lohnenswert an, da die Haltbarkeit zu gering ist und das Trocknen bei uns auch nicht schneller geht als zu Hause.“

Genau das ist für mich der Knackpunkt: Das albern lange Trocknen und das Ergebnis, das nicht an Studiomaniküre heranreicht. Was ich vermisse? Vielleicht die Möglichkeit, öfter einmal die Farbe zu wechseln – anstatt nur alle vier Wochen, wenn ein Auffüllen fällig ist.
„Ich glaube nicht, dass klassischer Nagellack komplett aussterben wird“, meint Müller. „Viele lieben die Flexibilität, regelmäßig die Farbe zu wechseln oder ihre Nägel auch mal ganz ohne Lack zu tragen.“
Und sie hat recht: Nicht jeder kann oder möchte sich monatlich einen Termin gönnen. Die Preise für Beauty-Behandlungen sind 2025 definitiv kein Pappenstiel mehr – es bleibt eine kleine, aber feine Portion Luxus.
Was spricht fürs Studio?
Für mich persönlich sind die Studioservices das Geld wert – auch, weil ich als Beauty-Redakteurin den Unterschied schätze. Plus: Das Ergebnis hält einfach länger.
„Viele Kundinnen möchten heute ein zuverlässiges, anhaltendes Ergebnis“, sagt Müller. „Mit Gellack halten Glanz und Farbe oft bis zu drei Wochen, bei leichter Verstärkung auch länger. Das spart Zeit und Nerven.“
Gerade im stressigen Alltag ist es ein Segen, nicht dauernd nachlackieren zu müssen. Und das gilt auch für die Zehen: Hier hält der Lack oft noch länger.
„Beim Pediküre setzen viele trotzdem noch auf normalen Lack, da er an den Füßen meist langlebiger ist und man selbst zwischendurch unkompliziert erneuern kann“, so Müller.

Wie sieht es in anderen Studios aus?
„Nagellack? Für viele inzwischen überholt“, sagt Lisa Schneider von „Studio Laguna“ in München. Sie zählt auf: „Mangelnde Haltbarkeit, keine Stärkung der Nägel, und wie viel Zeit vergeht nur fürs Trocknen?“
Sie räumt ein: „Wer von Natur aus feste Nägel hat und sich zu Hause Zeit nimmt – inklusive Feilen, Nagelhautpflege und mehreren Lackschichten – kann auch mit klassischem Lack tolle Ergebnisse erzielen. Aber ehrlich: Das sind die wenigsten.“
Auch bei „Studio Laguna“ wird klassischer Nagellack kaum nachgefragt. Nur vereinzelte Kundinnen legen Wert darauf – beispielsweise, weil sie im medizinischen Bereich arbeiten oder spontan ein Geschenk-Gutschein eingelöst wird.
Der Vorteil von herkömmlichem Lack ist klar: volle Flexibilität, neue Farben jederzeit möglich, zu Hause leicht zu entfernen. Gerade bei mutigeren Tönen schätzen viele die Option, schnell umzulackieren.
Dem stehen jedoch klare Nachteile gegenüber: „Kein Schutz oder Stärkung des Nagels, es kostet viel Zeit und die Trocknung ist eine Geduldsprobe.“

Lisa Schneider meint: „Ich glaube nicht an ein großes Comeback für klassischen Nagellack. Unsere Kundinnen wollen langlebige, kräftige Nägel und keine wöchentliche Lackroutine.“
Der Dermatologe Dr. Alexander Weber von der „Hautpraxis Rhein“ hält dennoch dagegen: „Ich persönlich benutze ausschließlich klassischen Nagellack! Er ist günstig, schön und greift die Nagelhaut nicht so stark an wie manche Studioverfahren.“
Er betont: „Natürlich ist ein Salonbesuch zeitintensiv und teurer. Wer auf UV-Licht setzt, sollte zudem die Hände mit Handschuhen oder Sonnenschutz schützen – das ist nicht jedermanns Sache.“
Und er hat noch einen Tipp: „Für Pflegepersonal eignet sich klassischer Lack ideal, weil er sich am Wochenende schnell entfernen lässt.“
Dieser Beitrag basiert auf einer Recherche im Frühjahr 2025 und Erfahrungen aus mehreren deutschen Städten.
