In den Tiefen des Pazifiks haben Wissenschaftler eine neuartige Korallenart entdeckt, die auf Manganknollen gedeiht. Mit dem Namen Deltocyathus zoemetallicus versehen, ist diese Koralle die erste bekannte Steinkorallenart, die direkt auf diesen mineralreichen Gesteinsbrocken lebt. Diese winzigen Lebewesen sind gut an ihre extremen Lebensbedingungen angepasst, könnten jedoch bald den Folgen des Tiefseebergbaus zum Opfer fallen.
Manganknollen als Quelle für Metalle
Der Tiefseegrund bietet eine Vielzahl an Lebensräumen und beheimatet unzählige Arten von Tieren. Doch diese faszinierende Unterwasserwelt ist zunehmend gefährdet – unter anderem durch den Klimawandel, die Ozeanverschmutzung und den Tiefseebergbau. Letzterer zielt darauf ab, Manganknollen, faustgroße mineralreiche Gesteinsklumpen, vom Meeresboden zu fördern. Neben Mangan enthalten diese auch Nickel, Kobalt, Kupfer und andere wertvolle Metalle.
Diese Rohstoffe sind beispielsweise für die Batterien von Elektrofahrzeugen und Baukomponenten für die Energiewende von Bedeutung. Infolgedessen arbeiten Regierungen und Unternehmen daran, den kommerziellen Tiefseebergbau in internationalen Gewässern voranzutreiben – selbst wenn dies gravierende Auswirkungen auf die sensiblen marine Ökosysteme haben könnte. Manganknollen sind oft von Schwämmen, Moostierchen und Oktokorallen umgeben.
Entdeckung der winzigen Tiefsee-Koralle
Ein Team unter der Leitung von Guadalupe Bribiesca-Contreras vom National Oceanography Centre in Southampton hat einen weiteren Bewohner dieser Gesteinsklumpen entdeckt. In den Sedimentproben aus dem Lizenzgebiet für Tiefseebergbau in der Clarion-Clipperton-Zone (CCZ) im östlichen Pazifik, das sich zwischen Hawaii und Mexiko erstreckt, fand es die zuvor unbekannte Korallenart, die nur wenige Millimeter groß ist.
Nähere Untersuchungen ergaben, dass es sich um eine Vertreterin der Steinkorallen (Scleractinia) handelt. Diese Blumentiere bilden harte Skelette aus Kalziumkarbonat und sind nicht nur in flachen tropischen Riffen, sondern auch häufig in der Tiefsee zu finden. Ab einer bestimmten Tiefe beginnt Kalziumkarbonat jedoch sich aufzulösen – aufgrund von Kälte, hohem Druck und einem hohen CO2-Gehalt. Im Pazifik liegt diese Grenze zwischen 4.000 und 4.500 Metern. Die neu entdeckte Koralle lebt jedoch in oder sogar unterhalb dieser Grenze. Wie sie ihr Skelett dennoch bewahrt, bleibt unklar und könnte Hoffnung in einer Zeit bieten, in der Korallen unter dem Druck des Klimawandels leiden.
Manganknollen als Lebensraum
Diese neue Korallenart ist die erste bekannte Tiefsee-Steinkoralle, die direkt auf den metallhaltigen Knollen wächst. Daher erhielt sie den Namen Deltocyathus zoemetallicus. Die meisten Arten der Gattung Deltocyathus leben auf dem Meeresboden und sind dabei beweglich, verwurzeln sich jedoch nicht am Untergrund.
Nur die im Atlantik vorkommende Art Deltocyathus halianthus sowie die neu entdeckte Pazifik-Art haften an einem festen Untergrund und werden sesshaft: D. halianthus annähernd an Muschelschalen und D. zoemetallicus an Manganknollen. Dies kennzeichnet eine einmalige ökologische Beziehung.
Optimale Anpassung an die Dunkelheit
Deltocyathus zoemetallicus hat sich hervorragend an die völlige Dunkelheit angepasst und kann auch ohne Sonnenlicht überleben. Laut dem Team ernährt sich die kleine Koralle von Partikeln, die im Wasser schweben. Im Gegensatz zu ihren flachwasserartigen Verwandten hat diese weiße Tiefseeart keine Algen als Symbiosepartner, die durch Photosynthese Nährstoffe bereitstellen könnten.
Koautorin Nadia Santodomingo vom Natural History Museum in London beschreibt diese winzige Koralle als einen verborgenen Schatz der Tiefsee. „Sie lebt direkt auf den Knollen, die für die industrielle Ausbeutung vorgesehen sind. Wenn diese Knollen entfernt werden, riskieren wir das Aussterben dieser Art,“ sagt sie.
Bedrohungen durch den Tiefseebergbau
Die Manganknollen wachsen nur wenige Millimeter pro Million Jahre. Ihre Entfernung durch den Tiefseebergbau würde den Lebensraum dieser Steinkorallen zerstören und eine zukünftige Wiederbesiedlung unmöglich machen. Die Forscher plädieren daher für den Schutz der Tiefsee und ihrer Biodiversität und für die Verhinderung des Bergbaus in diesen sensiblen Ökosystemen.
„Der Schutz dieser Lebensräume bedeutet nicht nur, eine Koralle zu bewahren,“ betont Santodomingo. „Es geht darum, einen gesamten Lebensraum in der Tiefsee zu erhalten, der möglicherweise verschwindet, bevor wir überhaupt wissen, dass er existiert.“ Denn am Meeresgrund könnte es noch unzählige weitere Arten geben, die bisher unbekannt sind. Bisher wurde nur ein winziger Bruchteil der Tiefsee erforscht.
Quelle: Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung
Von Claudia Krapp
Das Original zu diesem Beitrag „Tiefsee-Koralle wächst auf Manganknollen“ stammt von scinexx.











