Titã: Neue Erkenntnisse über die größte Saturnmond

Titã, das Juwel unter den Monden des Saturn, hat uns einen schmerzhaften Realitätsschlag versetzt. Zwei Jahrzehnte lang konzentrierte sich die offizielle Erzählung der Raumfahrt auf die Vorstellung, dass sich unter seiner dichten Nebelschicht ein weitläufiger Ozean aus flüssigem Wasser verbirgt. Doch nun wissen wir, dass wir irren, oder zumindest, dass die Realität nicht unseren Erwartungen entspricht.

In einer neuen Studie unter der Leitung von Flavio Petricca vom Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA, veröffentlicht im Dezember 2025 in der Zeitschrift Nature, wird ein radikal anderes Modell vorgeschlagen: Titã verfügt nicht über einen miteinander verbundenen Ozean, sondern über eine dichte und viskose Schicht aus „Schneegel“, in der sich Taschen mit flüssigem Wasser befinden.

Die 15-stündige Verzögerung

Die Raumsonde Cassini beendete ihre Mission im Jahr 2017, als sie mit Saturn kollidierte. Doch die gesammelten Daten erweisen sich weiterhin als wertvoll für die Physiker. Deshalb beschloss Petriccas Team, die Dopplerinformationen der Sonde neu zu analysieren – also die Änderungen in der Frequenz der Radiosignale, die durch die Schwerkraft des Mondes erzeugt werden, und das unter Verwendung modernster Verarbeitungstechniken.

Das Ergebnis dieser Analyse ist eine 15-stündige Verzögerung in der Gezeitenreaktion von Titã. Dies bedeutet, dass, wenn Saturn seine gewaltige Schwerkraft auf Titã ausübt, der Mond sich verformt, als würde er gedehnt. Hätte sich nur reines Wasser an seiner Oberfläche befunden, wäre die Reaktion nahezu sofort. Stattdessen wurde eine Verzögerung von 15 Stunden festgestellt, was darauf hindeutet, dass das Innere hochviskos ist.

Die gesammelten Daten deuten darauf hin, dass das Material in Titã eher wie ein pastöser Gletscher oder extrem dichte Granulate agiert. Es scheint ausgeschlossen, dass Wasser frei fließt, das zuvor als möglicher Lebensraum angesehen wurde.

Ein neues Titã

Mit all diesen gesammelten Daten war es möglich, unser Wissen über die innere Geologie des größten Mondes des Saturn vollständig neu zu definieren. Konkret weiß man jetzt, dass der felsige Kern einen Radius von 2,26 km hat und dass die ihn umgebende Schicht aus hochdruckgepresstem Eis, das mit Wasser vermischt ist, besteht.

Zudem gibt es Taschen von heißem Wasser aufgrund der inneren Wärme. Dies hält die Seen mit flüssigem Wasser in der Nähe des felsigen Kerns bei etwa 20 ºC.

Auf den ersten Blick mag die Eliminierung der Existenz eines globalen Ozeans aus flüssigem Wasser eine schlechte Nachricht für die Astrobiologie darstellen, die Hoffnungen auf Leben hegte. Doch die Autoren dieser Studie sehen das gerade andersherum.

Im neuen Modell des „Granulates“ steht das flüssige Wasser in den Taschen in direktem Kontakt mit dem felsigen Kern. Dies ist von großer Bedeutung, da es dem Wasser ermöglicht, essentielle Nährstoffe aus dem Gestein zu lösen und eine Temperatur von etwa 20 °C aufrechtzuerhalten, die ideal für komplexe chemische Reaktionen ist. Zudem sorgt die kleinere Größe dieser Komponenten für eine höhere Konzentration.

Diese Entdeckung setzt die gesamte Verantwortung auf die NASA-Mission Dragonfly, deren Start für 2028 geplant ist. Dragonfly ist ein Oktokopter, der dafür entworfen wurde, über die Oberfläche von Titã zu fliegen. Doch das wichtigste Instrument in diesem Kontext ist das Seismometer.

Ursprünglich war vorgesehen, dass die Mission die Gezeiten eines tiefen Ozeans messen sollte. Jetzt besteht ihre Aufgabe darin, zu bestätigen, ob sich seismische Wellen durch dieses viskose „Granulat“ ausbreiten. Sollten charakteristische Vibrationen erkannt werden, hätten wir bestätigt, dass Titã das vielversprechendste chemische Labor unseres Sonnensystems ist.

Bilder | Wikipedia, Matt Hardy

Dieser Text wurde aus der Webseite Xataka Spanien übersetzt/angepasst.