Die Vorstellung, dass Spanien und Portugal wie ein riesiges Felsrad drehen, könnte direkt aus einem Science-Fiction-Film stammen. Dennoch bestätigen die Messungen von Wissenschaftlern, dass die Iberische Halbinsel sich sehr langsam im Uhrzeigersinn bewegt. Dieser Prozess mag im Maßstab eines menschlichen Lebens kaum wahrnehmbar sein, jedoch ist er über Millionen von Jahren hinweg signifikant.
Die langsame Drehung der Iberischen Halbinsel
Unter Ihren Füßen scheint sich nichts zu bewegen. Die Häuser stehen fest, die Straßen bleiben unverändert. Dennoch verändert sich die Erdkruste kontinuierlich. Spanien, Portugal und der Süden Frankreichs bilden einen Block, der oft als „iberischer Block“ bezeichnet wird.
Neue Studien, die von spanischen Teams durchgeführt wurden, zeigen, dass dieser Block sehr langsam im Uhrzeigersinn rotiert. Diese Bewegung steht im Zusammenhang mit der Interaktion zweier geologischer Giganten: der eurasischen Platte im Norden und der afrikanischen Platte im Süden. Diese Platten nähern sich mit einer Rate von etwa 4 bis 6 Millimetern pro Jahr. Das scheint minimal zu sein. Doch über tausende oder Millionen von Jahren reicht dies aus, um Brüche zu krümmen und Gebirge anzuheben.
Die Iberische Halbinsel dreht sich nicht frei, wie ein isoliertes Rad. Sie ist zwischen dem Atlantik, dem Mittelmeer, den Pyrenäen im Norden und dem Rif im Süden fest eingeklemmt. Sie fungiert als „Keil“ in einem sehr engen tektonischen Puzzle.
Eine der komplexesten Plattengrenzen der Welt
In einigen Regionen des Globus lassen sich Plattengrenzen leicht verstehen: entweder durch eine große, klare Verwerfung, einen gut ausgeprägten Graben oder eine kontinuierliche Gebirgskette. Zwischen Afrika und Eurasien, im Süden Spaniens, ist die Realität jedoch weitaus unordentlicher.
Anstelle einer klaren Linie sprechen Geologen von einer breiten Deformationszone. Diese erstreckt sich vom Golf von Cádiz bis zum Alborán-Gebiet und durch die Straße von Gibraltar. In diesem Bereich komprimieren sich einige Teile, während andere in kleine Blöcke zerlegt werden, die gleiten, rutschen oder sich leicht drehen.
Die Deformation konzentriert sich nicht auf eine einzige Verwerfung. Sie verteilt sich über viele Strukturen. Dies führt dazu, dass das Gesamtverhalten schwieriger zu interpretieren, aber auch informativer im Hinblick auf die iberische Tektonik ist.
Die Schlüsselrolle des Alborán-Gebiets und des Gibraltarbogens
Zwischen dem Süden Spaniens und dem Norden Marokkos gibt es eine Region, die die Forschenden besonders interessiert: das Alborán-Gebiet. Es handelt sich um eine Mischform aus kontinentaler und ozeanischer Kruste, die teilweise unter dem Meer und teilweise unter Land liegt.
Aktuelle Studien zeigen, dass sich dieses Gebiet langsam nach Westen bewegt. Diese Verschiebung hängt mit der Bildung des Gibraltarbogens zusammen, der die Betischen im Spanien mit dem Rif im Marokko verbindet. Dieser Bogen kann als eine Art geologische Gelenkfunktion betrachtet werden.
Östlich der Straße absorbiert die Kruste einen Großteil der Kompression zwischen Afrika und Eurasien. Westlich davon werden die Kräfte direkter in den Südwesten der Halbinsel übertragen, insbesondere vor der Küste Portugals und Andalusiens. Der Gibraltarbogen fungiert dabei wie ein Stoßdämpfer, der den Druck verteilt und die globale Rotation des iberischen Blocks begleitet.
Wie haben die Wissenschaftler diese Rotation entdeckt?
Dieses Ergebnis basiert auf mehreren Methoden. Um zu beweisen, dass sich die Iberische Halbinsel dreht, kombinieren die Forscher verschiedene Datentypen. Dies hilft, Fehler einzuschränken und zu vereinfachten Interpretationen zu vermeiden.
Die Erdbeben als „Sensoren“ für tiefen Kräfte
Ein erstes Werkzeug sind die Erdbeben. Jedes Erdbeben erfasst, wie sich eine Verwerfung bewegt oder bricht. Durch die Analyse der Ausrichtung der aktiven Verwerfungen, der Richtung der Brüche und des Bewegungsmodells rekonstruieren Geologen die Spannungsfelder im Inneren der Erde.
- Druckerdbeben zeigen an, wo die Kruste sich verkürzt.
- Gleitrisse deuten darauf hin, dass Blöcke seitlich gleiten.
- Normale Erdbeben verdeutlichen, dass die Kruste sich dehnt und dünner wird.
Um die Iberische Halbinsel zeigt die Karte der Mechanismen in den Erdbeben ein kohärentes Bild mit einer Gesamteinschränkung in Nord-Süd-Richtung und einer langsamen Rotation des Blocks. Anders gesagt, das Muster der Erdbeben „zeichnet“ die Bewegung auf regionaler Ebene.
Satelliten verfolgen die Millimeterbewegungen
Ein weiteres Werkzeug sind die Oberflächenmessungen mittels Satelliten. Hochpräzise GPS-Netze und Radarinterferometrie ermöglichen es, die Bewegung fester Punkte auf der Erdoberfläche zu verfolgen, manchmal bis auf den Millimeter genau.
Durch die Ansammlung von Daten über mehrere Jahre erstellen die Forscher Karten, auf denen einige Punkte sich nähern, während andere sich entfernen oder leicht drehen. Die Geschwindigkeiten sind gering, doch die Muster sind regelmäßig. Die Ergebnisse bestätigen eine Deformation, die mit einer im Uhrzeigersinn gerichteten Rotation übereinstimmt, die durch die Konvergenz zwischen Afrika und Eurasien angetrieben wird.
Durch die Kombination von seismischen und satellitengestützten Daten haben Wissenschaftler ein robustes Bild. Dies ist nicht lediglich ein theoretisches Modell, sondern eine Synthese aus realen Beobachtungen, die über Jahrzehnte hinweg gemessen wurden.
Welche Bedeutung hat dies für das seismische Risiko in Spanien und Portugal?
Das Verständnis, wie sich die Iberische Halbinsel verformt, ist nicht nur eine akademische Übung. Diese Ergebnisse dienen direkt dazu, das seismische Risiko für Millionen von Menschen in Spanien, Portugal und im Süden Frankreichs besser einzuschätzen.
Wenn Wissenschaftler wissen, wo sich die Deformation konzentriert, können sie die Suche nach aktiven Verwerfungen besser ausrichten. Dies ist das Ziel von Datenbanken wie QAFI, die quaternäre Verwerfungen in der Region erfasst, also solche, die in den letzten Millionen Jahren aktiv waren und erneut Erdbeben erzeugen könnten.
| Zone | Tectonic Context | Main Concern |
|---|---|---|
| Wests der Pyrenäen | Diffuser Riss zwischen iberischem Block und Europa | Identifizieren von wenig erforschten Verwerfungen |
| Gibraltarbogen (westlicher Sektor) | Komplexer Übergang zwischen Kompression und Gleiten | Verbesserung der Einschätzung des Risikos moderater bis starker Erdbeben |
| Golf von Cádiz | Direkter Kontakt zwischen Afrika und Eurasien | Identifikation möglicher Quellen für tsunamifördernde Erdbeben |
Die Geschichte zeigt, dass die Region langfristig nicht ruhig ist. Das große Erdbeben von Lissabon im Jahr 1755, gefolgt von einem verheerenden Tsunami, bleibt eine Warnung. Solche Ereignisse sind historisch selten, aber geologisch möglich. Daher sind diese Studien von großer Wichtigkeit, um die Hazard-Karten und Bauvorschriften zu verbessern.
Ein Ausblick auf die geologische Zukunft Südeuropas
Die Rotation der Iberischen Halbinsel ist nur ein Teil eines viel größeren Bildes. Langfristig sollte die Konvergenz zwischen Afrika und Eurasien weiterhin einen Teil des Mittelmeeres schließen und einige Gebirgszüge anheben.
Geodynamische Modelle prognostizieren beispielsweise das fortwährende Ansteigen der Betischen, des Rifs sowie möglicherweise der Alpen weiter im Norden. In diesem Szenario reorganisiert sich die Iberische Halbinsel allmählich und dreht sich, um eine neue Gleichgewichtslage zwischen dem Atlantik und dem westlichen Mittelmeer zu finden.
Regionen wie die Ägäis oder bestimmte Zonen des Südchinesischen Meeres zeigen vergleichbare Verhaltensweisen, da Mikropaletten sich zwischen großen tektonischen Einheiten drehen. Der Kontext unterscheidet sich, jedoch bleibt die Kernidee dieselbe: sekundäre Blöcke passen sich den Bewegungen der großen Platten an.
Einige einfache Schlüssel zum besseren Verständnis dieser Entdeckungen
- Plattentektonik: Die Erdkruste ist in große, starre Platten unterteilt, die sich langsam über den Mantel bewegen.
- Konvergenz: Wenn sich zwei Platten nähern, entstehen Kompression, Erdbeben, Deformationen und manchmal Gebirge.
- Microblöcke: Sekundäre Blöcke wie die Iberische Halbinsel können zwischen diesen großen Platten drehen oder brechen.
- Aktive Verwerfung: Dies sind neuere Risse in der Kruste, die weiterhin Erdbeben erzeugen können.
Mit dem Ausbau von GPS-Netzen, Beobachtungssatelliten und Seismometern wird die Karte dieser millimetergenauen Bewegungen weiter verfeinert. Die Forscher werden in der Lage sein, die langsame und anhaltende Drehung der Iberischen Halbinsel noch präziser zu verfolgen.
Für die breite Öffentlichkeit bieten diese Arbeiten auch eine ausgezeichnete Gelegenheit, ein besseres Gefühl dafür zu bekommen, dass die Erde lebendig ist. Modelle von Platten in der Schule, animierte Karten und Rekonstruktionen der zukünftigen Landschaften Süd Europas… All dies hilft, sich an eine Sache zu erinnern: Aus unserer Zeitsicht scheinen unsere Städte bewegungslos. Doch über Millionen von Jahren hinweg verändern sich die Karten selbst in ihrer Form.











