Eine aktuelle Studie hat bemerkenswerte Ergebnisse hervorgebracht: Ein erhöhtes fMRT-Blutfluss-Signal korrelierte in vielen Fällen mit einem geringeren Sauerstoffverbrauch und somit mit niedrigerer Hirnaktivität. Umgekehrt beobachteten Epp und ihr Team auch reduzierte fMRT-Signale in Gehirnregionen, in denen die neuronale Aktivität tatsächlich erhöht war. Je nach gewählter Aufgabe und untersuchter Hirnregion zeigten die physiologischen Messwerte erhebliche Unterschiede.
In etwa 40 Prozent der Fälle waren Blutfluss und Sauerstoffgehalt nicht nur nicht gekoppelt, sondern verhielten sich sogar entgegengesetzt. So stieg beispielsweise der Sauerstoffverbrauch in Bereichen des Gehirns, die beim Rechnen aktiv sind, obwohl der Blutfluss unverändert blieb. Diese quantitativen MRT-Daten zeigen, dass diese Hirnregionen trotz unverändertem Blutfluss aktiv sind und ihren Energiebedarf effizient decken.
Überprüfung bestehender Studien notwendig
Epp erklärt: „Diese Ergebnisse widersprechen der bisherigen Annahme, dass erhöhte Hirnaktivität immer mit erhöhtem Blutfluss zur Deckung des gesteigerten Sauerstoffbedarfs einhergeht.“ Da viele der weltweit durchgeführten zehntausend fMRT-Studien auf dieser Annahme basieren, könnten die neuen Ergebnisse zu einer Neubewertung und möglicherweise zu entgegengesetzten Interpretationen der Daten führen.
Diese Erkenntnisse werfen die Frage auf, ob viele Studien, insbesondere solche zu neurologischen Erkrankungen, möglicherweise falsch interpretiert wurden. „Studien zu psychiatrischen oder neurologischen Erkrankungen – von Depression bis Alzheimer – betrachten Änderungen im Blutfluss oft als verlässliches Signal für neuronale Unter- oder Überaktivierung. Diese Ergebnisse müssen aufgrund der eingeschränkten Aussagekraft nun neu bewertet werden“, betont Seniorautor Valentin Riedl von der FAU.
Fehlerhafte Diagnosen bei Patienten
Patienten, bei denen mittels fMRT neuronale Defizite festgestellt wurden, könnten möglicherweise fälschlicherweise diagnostiziert worden sein. Riedl vermutet, dass stattdessen Gefäßveränderungen die missverstandenen fMRT-Daten verursacht haben könnten. Daher müssen die Daten solcher Patienten erneut überprüft oder neu gemessen werden, um zu belastbaren Diagnosen zu gelangen.
Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass insbesondere bei Studien zu dem so genannten „Default mode network“ Fehlinterpretationen vorliegen. Dieses Netzwerk ist unter anderem an Selbstreflexion, Planung und Gedächtnis beteiligt und wird auch mit ADHS und Depressionen in Verbindung gebracht. Die genauen Zusammenhänge könnten jedoch anders sein, als bisher angenommen.
Vorschläge für zukünftige Studien
Epp und seine Kollegen schlagen vor, in künftigen Studien die herkömmliche fMRT-Methode durch quantitative Messungen des Sauerstoffflusses zu ergänzen. Diese Kombination von Blut- und Sauerstofffluss würde umfassendere Daten liefern und zuverlässigere Interpretationen ermöglichen.
Langfristig könnten auf diese Weise auch neue Gehirnmodelle entwickelt und präzisere Hirnkartierungen erstellt werden. Anstelle des Blutflusses könnten diese Karten den tatsächlich benötigten Sauerstoff- und Energieverbrauch für die Informationsverarbeitung darstellen. Dadurch könnten Alterungsprozesse sowie psychiatrische und neurodegenerative Erkrankungen neu untersucht werden.
(Nature Neuroscience, 2025; doi: 10.1038/s41593-025-02132-9)
Quelle: Technische Universität München, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
17. Dezember 2025 – Claudia Krapp











