Zu Beginn dieses Jahres machten sich Höhlentaucher auf den Weg in das Sistema Ox Bel Ha, das sich in der Nähe der mexikanischen Stadt Tulum befindet. Dabei kartierten sie insgesamt etwa 524 Kilometer von Gängen und stellten fest, dass das bisher längste unterwasserführende Höhlensystem noch länger ist als zuvor angenommen. Die letzten Daten hatten von rund 497 Kilometern berichtet. Über den Erfolg der Höhlenforscher informierten nun internationale Medien unter Berufung auf die Forschungsorganisation CINDAQ.

Die Geheimnisse der Höhlen

Ausgedehnte Höhlen überraschen Wissenschaftler bei jeder Erkundung. Bereits vor zwei Jahren, so berichtete Science Alert, hatten Forscher nicht erwartet, bei einer erneuten Kartierung etwa zehn weitere Kilometer Gänge zu entdecken.

„Wir waren überraschend die Ersten dort“, erklärte die Taucherin Emőke Wagner in einem Interview mit dem Magazin In Depth.

Live Science ergänzte, dass sich Sistema Ox Bel Ha in der Yucatán-Region befindet, wo es mehrere andere umfangreiche Kalksteinhöhlensysteme gibt. Diese beeinflussen die Oberflächenstrukturen der Umgebung. Das Gestein ermöglicht es Wasser, schnell in die Höhlen einzutreten, weshalb es in dieser Region nur wenige Flüsse und Bäche gibt.

Die Bildung der Höhlen

„Die Höhlen entstehen durch einen Prozess namens Karstbildung, bei dem Regenwasser Calciumcarbonat auflöst. Bei Ox Bel Ha wird dieser Prozess durch die Vermischung von Süß- und Salzwasser, das aus dem Atlantischen Ozean eindringt, verstärkt“, erklärten die Wissenschaftler.

Erforschung von Sistema Ox Bel Ha

Der umfangreiche Höhlensystem wurde erst 1996 von westlichen Wissenschaftlern entdeckt. Die ersten Erkundungen begannen einige Jahre später. In den folgenden Jahrzehnten bemühten sich Höhlentaucher, möglichst tief in das unterwasserführende Labyrinth vorzudringen.

Die tiefste Unterwassergrube

In der benachbarten Region befindet sich auch die tiefste Meeresgrube, bekannt als Taam Ja‘. Forscher stellten im letzten Jahr fest, dass die Tiefe dieser Grube ebenfalls größer war als ursprünglich angenommen. Genauer gesagt, beschrieben sie eine Tiefe von 420 Metern.

Diese Messungen wurden durch ein Forschungsschiff durchgeführt, von dem aus eine 500 Meter lange Leine mit einem Instrument, das Druck, Temperatur und Leitfähigkeit misst, abgelassen wurde. Die Kalkstein- und Gipswände der blauen Grube neigen sich flach ab, wodurch das Gerät in eine Tiefe von über 400 Metern sank.

„Aber wir haben den Grund immer noch nicht erreicht“, sagte Juan Carlos Alcérreca-Huerta, der Leiter der Studie, die im Fachjournal Frontiers in Marine Science veröffentlicht wurde. Er fügte hinzu, dass das Forscherteam entschlossen ist, herauszufinden, wie tief sie gelangen können. Unterwasserroboter könnten ihnen bei dieser Erkundung helfen.

Die Entstehung der Taam Ja‘

Die Karstgrube Taam Ja‘ entstand durch geologische Prozesse. Auf der Halbinsel Yucatán sind viele ähnliche Formationen zu finden, da sowohl das Land als auch der Meeresboden durchlöchert sind, ähnlich wie bei Emmentaler Käse.

Die Höhlen der Yucatán

In der Nähe liegt auch der berühmte Chicxulub-Krater, der vor 66 Millionen Jahren nach dem Einschlag eines Asteroiden entstand, der das Leben der Dinosaurier und die geologische Periode der Kreidezeit beendete. Experten spekulieren, dass dies zur einzigartigen Form der Landschaft in dieser Gegend beigetragen haben könnte.

Ein weiterer bedeutender Krater, die Große Blaue Grube, hat einen nahezu perfekten Kreis mit einem Durchmesser von 300 Metern und einer Tiefe von 124 Metern. Sie wird von einem schmalen Landstreifen umgeben. Im Wasser sind Schwärme von Haien und anderen Lebewesen zu beobachten, was Taucher und Ozeanographen begeistert.

Allerdings hat der Mensch auch im vorher unberührten Naturraum seine Spuren hinterlassen. Eine Expedition im Jahr 2018 fand am Grund der Grube eine Colaflasche, eine GoPro-Kamera mit Fotografien und sogar zwei menschliche Körper. Die Behörden entschieden sich, diese in den Tiefen zu belassen.

Taam Ja‘ vor Mexiko ist die tiefste blaue Grube der Welt.