Pompeji, die antike römische Stadt, die durch den gewaltigen Ausbruch des Vesuvs im Jahr 79 n. Chr. begraben wurde und dabei Tausende von Einwohnern unter Lava, Asche und Trümmern zurückließ, ist seit Jahrhunderten ein archäologisches Rätsel. Zu ihren besonders wertvollen Schätzen zählen die spektakulären Wandmalereien, die Decken und Wände von Häusern, Tempeln und öffentlichen Räumen schmückten.
Viele dieser Fresken erlitten jedoch Schäden durch den Ausbruch und später durch alliierte Bombardierungen während des Zweiten Weltkriegs. Diese Ereignisse, zusammen mit dem unaufhaltsamen Verstreichen der Zeit, haben dazu geführt, dass Tausende von Fragmenten in Kisten lagern, ohne eine erkennbare Ordnung, vergleichbar mit den Teilen eines äußerst komplizierten Puzzles, von dem kein Referenzbild existiert. Wie kann man diese uralten Fresken wieder zusammensetzen?
Mit Hilfe von Robotik und KI
Um diese Frage zu beantworten und das große Puzzle der antiken römischen Stadt zu lösen, wurde RePAIR ins Leben gerufen (ein Akronym für Reconstructing the Past: Artificial Intelligence and Robotics Meet Cultural Heritage). Seit 2021 arbeitet dieses europäische Projekt an der Entwicklung einer technologischen Lösung für eine der frustrierendsten und langsamsten Aufgaben in der archäologischen Restaurierung.
Koordiniert von der Universität Ca‘ Foscari in Venedig (Italien) in Zusammenarbeit mit dem Italienischen Technik-Institut, dem Archäologischen Park Pompeji sowie Universitäten aus Israel, Portugal und Deutschland, hat das Projekt künstliche Intelligenz, Computer Vision und fortschrittliche Robotik kombiniert, um das Undenkbare zu erreichen: Eine Maschine rekonstruierte die alten Fresken von Pompeji. „Nach vier Jahren harter Arbeit ist das europäische Projekt RePAIR zu Ende gekommen. Es ist ein erster innovativer Schritt auf dem Weg zu einem ehrgeizigen Ziel: Eine der mühsamsten und frustrierendsten Tätigkeiten der archäologischen Forschung zu eliminieren, um wertvolle Energie und Erfahrung in strengere wissenschaftliche und kreative Aktivitäten zu lenken“, erklärt Marcello Pelillo, Professor an der Universität Venedig und Projektkoordinator.
Technologie im Dienste der Geschichte
Das Robotersystem, das in der Casina Rustica, einem restaurierten (und angepassten) Gebäude innerhalb des Archäologischen Parks Pompeji, installiert ist, verfügt über zwei mechanische Arme, die mit flexiblen Händen und hochpräzisen Sichtsensoren ausgestattet sind. Diese „weichen Hände“ können die zerbrechlichen Fragmente der Fresken halten, ohne sie zu beschädigen, während die Kameras dazu verwendet werden, Muster, Farben und Texturen zu analysieren, die selbst für das menschliche Auge unsichtbar sind.
Dank von Algorithmen des maschinellen Lernens ist der RePAIR-Roboter in der Lage, Tausende von digitalisierten 3D-Fragmenten zu untersuchen, die in dieser initialen Phase ungefähr 2.000 betragen, und schlägt wahrscheinliche Kombinationen vor, die dann von menschlichen Restauratoren validiert werden. Die Erfahrung von Archäologen wie Michel E. Fuchs, dem Projektleiter, ermöglicht es, die von der KI generierten Montagevorschläge zu bestätigen und die historische Genauigkeit der Rekonstruktionen zu gewährleisten. Dabei muss der Roboter nicht nur Übereinstimmungen zwischen erodierten oder unvollständigen Stücken finden, sondern auch deren möglichen Ursprung bestimmen, da viele aus unterschiedlichen Kontexten stammen und versehentlich in den Lagerräumen vermischt wurden.
Welches Puzzle löst der Roboter?
In dieser ersten Phase sind zwei Fresken Gegenstand der Wiederzusammensetzung: die Deckenfresken des Hauses der Malenden, in der Insula der Keuschheit, die durch den Ausbruch des Vesuvs und die Bombardierungen von 1943 beschädigt und pulverisiert wurden, sowie die Fresken der Schola Armaturarum, einer Art Schule, in der Gladiatoren und Kämpfer trainiert wurden, die 2010 einstürzte. Beide Gruppen, als Juwelen der römischen Kunst angesehen, lagen in fragmentarischem Zustand vor und wären ohne eine solche fortschrittliche technologische Hilfe unmöglich wiederherzustellen gewesen.
Dieser Roboter soll die menschlichen Fachkräfte nicht ersetzen, sondern sie ergänzen. Tatsächlich wird die endgültige Montage der Teile weiterhin manuell von Experten des Parks in Pompeji durchgeführt. Obwohl RePAIR ursprünglich als Hilfsmittel für Pompeji gedacht war, könnte seine Technologie auch auf archäologische Stätten weltweit ausgeweitet werden. Laut Gabriel Zuchtriegel, dem Direktor des Archäologischen Parks, „wird die Archäologie der Zukunft durch den ethischen und rigorosen Einsatz von künstlicher Intelligenz geprägt sein. Es ist eine große Herausforderung, aber kein Mensch könnte dies allein bewältigen. Hier kommt die künstliche Intelligenz ins Spiel, die eine zentrale Rolle in der Archäologie der Zukunft spielen wird.“











